Zum entdecken und verlieben

Brasilien sieht Licht am Ende des Tunnels

Von Gloria Rose | São Paulo | Foto: Iva Castro

Weniger Corona-Tote, eine schnelle Erholung einzelner Branchen und die Aussicht auf Impfstoffe geben Anlass für Hoffnung. Doch es bleiben enorme Herausforderungen.

Covid-19: Allgemeine Situation und Konjunkturentwicklung

Endlich sinken die Fallzahlen. Zudem erholt sich die Konjunktur schneller als erwartet. Doch hohe Unsicherheit beeinträchtigt die Investitionen. (Stand: 28. September 2020).

Abflachung der Corona-Kurve weckt Hoffnung

Foto/Image: Mohamed Hassan

Nur in den USA und Indien wurden mehr Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert als in Brasilien. Nach einer dreimonatigen Stagnation auf hohem Niveau lässt sich nun eine deutliche Abflachung der Kurve erkennen. Die Anzahl der Todesfälle pro Tag liegt seit dem 12. August unter 1.000 und seit dem 7. September unter 800. Laut der Universität PUC-Rio liegt die Basisreproduktionszahl seit Anfang August unter 1,0 und derzeit bei etwa 0,92 (Stand: 26.09.2020). 

Den ersten Coronavirus-Fall registrierte Brasilien am 26. Februar. Am 16. März verstarb erstmals ein Patient an der Folgen der Infektion. Seitdem starben in Brasilien über 140.000 Menschen an Covid-19 (Stand: 26.09.2020). Positiv getestet wurden rund 4,7 Million Menschen.

Nach absoluten Zahlen ist der bevölkerungsreichste Bundesstaat São Paulo am stärksten betroffen, gefolgt von Rio de Janeiro, Ceará, Minas Gerais, Bahia und Pará. Während die Fallzahlen insgesamt zurückgehen, verschärft sich die Lage erneut in einzelnen Bundesstaaten. Derzeit verzeichnen Roraima, Amapá, Amazonas und Rio de Janeiro wieder mehr Todesfälle. Die Entwicklung variiert stark. Die jeweils betroffenen Staaten und Gemeinden reagieren entsprechend.

Die Auslandshandelskammer (AHK) São Paulo aktualisiert jeden Freitag in ihrem Wochenbericht die Informationen über die Lage in Brasilien. Darüber hinaus bieten die AHK São Paulo und die AHK Rio de Janeiro Webinare zum Krisenmanagement und wichtigen aktuellen Themen an.

Industriebranchen erholen sich schneller als erwartet

Auch wenn die Restriktionen erst Mitte März einsetzten, verzeichnete Brasilien im ersten Quartal bereits einen Rückgang der Wirtschaftsaktivität um 2,5 Prozent. Der Monat April markiert den Tiefpunkt für die Konjunktur. Ab Mai lockerten erste Bundesstaaten die Vorgaben und die Erholung setzte ein. Im 2. Quartal sank das brasilianische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 9,7 Prozent. Insgesamt fiel die Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr um 5,9 Prozent schwächer aus als im Vorjahreszeitraum.

Brasiliens Agrobusiness wächst ungebrochen. Dahingegen verzeichneten Industrie, Handel und Dienstleistungen einen drastischen Einbruch. Der bedeutende Dienstleistungssektor findet nur langsam wieder zurück zum alten Niveau, dahingegen überrascht die Industrie mit einer schnellen Erholung. In einigen Industriezweigen kam es infolge des raschen Anstiegs sogar zu Störungen in Lieferketten und hohen Preissteigerungen für Vorprodukte. Unternehmer aus den Branchen Reinigungsmittel, Kunststoffverarbeitung, Metallurgie, Maschinenbau, Nahrungsmittel, andere Produkte sowie Informatik- und Elektronikhersteller haben mittlerweile mehr Vertrauen in einen Wachstumskurs als noch vor der Pandemie. Selbst für die stark getroffene Kfz-Industrie verbesserte sich der Vertrauensindex des Wirtschaftsinstituts Ibre/FGV wieder.

Aussicht für 2021 hängt von Brasiliens Fiskalpolitik ab

Präsident Jair Bolsonaro und Wirtschaftsminister Paulo Guedes | Foto: Marcello Casal Jr. Agência Brasil

Der OECD-Frühindikator Composite Leading Indicator (CLI) vom August deutet eine schnellere Konjunkturerholung an als für viele andere Länder. Nach und nach verbessern die Finanzinstitute ihre Prognosen für 2020, die derzeit einen BIP-Einbruch von 5,2 Prozent vorhersagen. Für 2021 erwarten die Finanzanalysten der allwöchentlichen Zentralbank-Umfrage ein Wachstum um 3,5 Prozent.

Eine grundlegende Voraussetzung für die wirtschaftliche Erholung ist und bleibt der Reformkurs zu einer nachhaltigen Konsolidierung des Staatshaushalts. Die Deckelung der Staatsausgaben wurde im Zuge der Corona-Krise bereits mehrfach in Frage gestellt. Jedes Mal reagierten Börse und Wechselkurs negativ. Bereits vor der Pandemie bestand ein gewisses Risiko, dass die Regierung diese Vorgabe im Jahr 2021 nicht erfüllen kann. Politische Forderungen wie die Fortsetzung begünstigter Lohnnebenkosten für arbeitsintensive Branchen stellen die Regierung nun vor zusätzliche Herausforderungen.

Während die Lage im Staatshaushalt weiterhin für erhöhte Unsicherheit über die zukünftige Wirtschaftsentwicklung sorgt, ging das politische Risiko deutlich zurück. Durch den Schulterschluss mit den Parteien des sogenannten Centrão festigte die Regierung vorerst ihren Rückhalt im Kongress. Zudem sicherte sich Präsident Bolsonaro durch die Corona-Hilfszahlungen den Zuspruch der ärmeren Haushalte. Aktuellen Umfragen zufolge bewerten jetzt 40 Prozent der Brasilianer die Regierung Bolsonaro positiv, mehr als je zuvor.

Ausländische Direktinvestitionen sinken

Trotz geldpolitischer Anreize schwächelt die Investitionstätigkeit. Das Wirtschaftsinstitut Ibre/FGV rechnet damit, dass die Bruttoanlageinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 7,4 Prozent zurückgehen. Die hohe Unsicherheit über Dauer und Umfang der Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19 sowie über die Fortsetzung des Reformkurses beeinträchtigt die Investitionen und somit auch die wirtschaftliche Erholung.

Für ausländische Investoren hat Brasilien ohnehin an Attraktivität verloren. Bereits vor der Pandemie fiel das Wirtschaftswachstum in Brasilien enttäuschend aus. Hinzu kommt die starke Polarisierung um den Präsident Jair Bolsonaro und die Verschlechterung des Länderimages. Der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nach Brasilien zwischen Januar und August 2020 lag 41 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.

Der brasilianische Real (R$) wertete deutlich stärker ab als die Währungen aller anderen Schwellenländer. Der Dollar wird sich bis zum Jahresende über der 5 R$-Marke bewegen. Bis zur einer Stabilisierung der Corona-Krise dürfte sich zudem die hohe Volatilität fortsetzen. Grundsätzlich verteuert die starke Abwertung den Import, der zudem vom Rückgang der inländischen Nachfrage getroffen wird.

Der brasilianische Real (R$) wertete deutlich stärker ab als die Währungen aller anderen Schwellenländer. Der Dollar wird sich bis zum Jahresende über der 5 R$-Marke bewegen. Bis zur einer Stabilisierung der Corona-Krise dürfte sich zudem die hohe Volatilität fortsetzen. Grundsätzlich verteuert die starke Abwertung den Import, der zudem vom Rückgang der inländischen Nachfrage getroffen wird.

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